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außerhalb


Foyerausstellung von Eva-Maria Kollischan
April-Mai 2006







Ausstellungsdauer: 02.04. - 26.05.2006


„Außerhalb“ – wovon? Der Betrachter befindet sich doch innerhalb eines Raumes. Gut, er könnte hinausgehen und von außerhalb ins Innere schauen, also ins „Außerhalb“ hinein. Täte er dies und blickte er durch das große Schaufenster im vorderen Bereich nach innen, also ins betitelte „Außerhalb“, würde er sich vielleicht an Schneeflocken erinnert fühlen, wie sie leise und sacht auf eine bereits vorhandene Schneedecke schweben, würde sich auch erinnert fühlen an das Motiv der Einladungskarte. Das wäre dann das Außerhalb – aber im Raum, genau wie der Titel es schon ankündigte.

Etwas irritierend ist das schon.

Das Verhältnis von außen und innen ist einer der Gegensätze, auf den man in dieser Arbeit trifft, einer der Gegensätze, der Unklarheit hervorruft und Fragen aufwirft. Weil etwas für das logisches Gehirn durcheinander geraten ist.

 

Eine weiße Linie, ein weißes Packklebeband führt durch die Räumlichkeiten. Das weiße Klebeband – kaum wahrnehmbar auf weißer Wand, wohl aber klar sichtbar auf Boden und Glasscheibe – verbindet die Ausstellungsräume. Es verweist sie aufeinander, umhüllt sie fast – ganz schlicht. Ohne jedoch die Offenheit, den schwebenden und leichten Eindruck der gesamten Arbeit zu stören oder gar zu brechen. Es scheint ein System dahinter zu stecken, doch sicher ist dies nicht. Zugleich verweist dieses Band, diese Linie auf den Gegensatz zwischen Sehen und Nicht-Sehen, zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. In gesteigerter Form sorgt dafür auch das transparente Klebeband.

Man sieht also etwas und man fragt sich: Was ist es? Was soll es? Man sieht etwas kaum und man fragt sich genauso, was es ist, was es soll. Dies geschieht mit den Bildern ebenso wie mit den transparenten „Schneeflocken“ aus Plastik, die an fast unsichtbar wirkenden Garnfäden über dem ausgebreiteten Füllmaterial herabhängen. Was bedeutet das? Was ist das? Es geschieht mit dem eingerollten „Fadenschneckchen“ vorn am Fenster und auch mit den Edding-Zeichnungen auf der transparenten Klebefolie. Bei allem fragt man sich, was es ist, was es soll. Als einzigen Anhaltspunkt dieser Form von Spurensuche lassen sich Wiederholungen erkennen, Bezüge untereinander, formale und räumliche Verweise.

Selbst das einzig konkrete, gegenständliche Objekt, die Kleidungsschutzhülle, scheint nichts anderes als ein weiterer Verweis auf etwas, das man nicht sieht, denn es ist nicht anwesend. Ein Verweis auf etwas, dem man mehr Bedeutung beimisst, obwohl es nicht sichtbar ist. Vielleicht geht es hier um ein Außerhalb der üblichen Wahrnehmung? Um ein Außerhalb des menschlichen Mechanismus`, allem möglichst schnell eine eindeutige Zuordnung, eine klare Erkenntnis zukommen zu lassen – damit die oben erwähnte logische Gehirnhälfte beruhigt ist?

Bezugspunkte hüpfen hier leichten Fußes durch die Räume, die lauter Fragen aufwerfen. Auch zum Beispiel, weshalb das auf der Kellertreppe klebende Band ausgerechnet dort endet, wo es ins Dunkle, in die Tiefe führt – oder aber dort beginnt? Das Dunkle und Tiefe, das doch bei all dem Weiß, der Transparenz, der spielerischen Leichtigkeit im obigen Bereich wieder den Verweis auf die Gegensätzlichkeit mit sich führt.

Dunkles zeigt sich auch auf der transparenten Klebefolie im hinteren Foyerbereich. Es scheint unterschiedliche Stadien von Verdichtung darzustellen: von einer losen, gepunkteten Linie, einer spiralförmigen Linienführung bis hin zu einem Knäuel, das sich zu einer Art „schwarzem Loch“ verdichtet. Verdichtung, Konzentration – stark sichtbar, erkennbar sind diese Edding-Formationen, spiegeln sie möglicherweise eben gerade die verschiedenen Stadien eines Erkenntnisprozesses. Ein Prozess, der bei der Erkenntnis, bei einer Eindeutigkeit ankommen will  und es aber dennoch vielleicht nicht tut, im Moment jedenfalls noch nicht. Darauf deuten nicht zuletzt die lose herabhängenden wollenen Fadenenden.

 

Die Arbeit von Eva-Maria Kollischan lebt von den Bezügen, den Relationen, den Verweisen der Details untereinander, die den Raum füllen. Allein kann und soll hier nichts bestehen oder bedeuten. Eindeutigkeit ist schwer zu finden. Eine schwebende, spielerische, offene Gestaltung von Beziehungen der Details, der verwendeten Materialien, der Formen untereinander hält den Betrachter im Zustand des Fragens, im Zustand des „Eindeutige-Verbindungen-Herstellen-Wollens“.

Und die Arbeit versteht sich darauf, den Betrachter in eben diesem Zustand zu halten, in einem Zustand, der Unklares, Nichtbenennbares, Uneindeutiges spürbar macht. Sie lässt ihn innehalten im sonst so schnell ablaufenden Erkenntnisprozess. Jenes Stadium der Offenheit und der spielerischen Intuition lädt dazu ein, dort zu verweilen und wahrzunehmen, wo wir sonst eher unbewusst schnell vorübereilen auf dem Weg der Zuordnung und Einordnung, auf dem Weg der Beantwortung der Fragen: Was ist das? Was soll das?

Hille Schwarze

Kuratorin






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