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WiWawarum Lauchalarm im Supermarkt, fragt MissIon Troja X, während Himmelimboden und Parmesanstriesel like Wüstensterne

Foyerausstellung von Nadja Verena Marcin
September -Oktober




Ausstellungsdauer: 01.09. - 20.10.2006













Ihre Objekte, Filme, Wörter und Bilder leben von Träumen und ihrer Zerstörung, sie kreisen um Themen wie Wüste und Zivilisation. Es war eine sehr dialektische Ausstellung, die von verschiedenen Seiten betrachtet, immer andere Fragen und Antworten aufwarft. 

Dabei sollte man näher auf das scheinbare Gegensatzpaar Wüste und Zivilisation eingehen. Wüste, das ist für viele erst einmal ein großer leerer Raum, ein Raum in dem es scheinbar nichts gibt: Steinwüsten, Sandwüsten, in denen man kilometerweit laufen kann, ohne auf etwas zu stoßen, tote Landschaften, vertrocknete Gegenden, in denen wir uns verlieren können. Wüste kann aber genauso gut ein Zuviel sein. Zu viele Informationen führen dazu, dass wir den Überblick verlieren und uns ebenfalls selbst verlieren, uns verlaufen. Wüste kann auch hier in unserer Stadt sein. Wenn wir abends auf unserem Sofa durch unsere Programme zappen und jeder Sender scheinbar das Gleiche bringt, wenn wir durch ein übergroßes Warenangebot keine Möglichkeit finden, uns für ein Produkt zu entscheiden, wenn wir anonym in manchen Stadtbezirken wohnen. GLÜCKLICH, die nur drei Programme besitzen, sie müssen sich nicht entscheiden. In der Wüste verliert sich das einzelne. In der Zivilisation hat das einzelne, so scheint es, auch nur einen marginalen Wert.  Hier heben sich Gegensätze auf. Beim Betreten des Foyers, entdeckte man beim Blick auf die zu gehangenen Wände auch eine Art Wüste, in der das Einzelne verloren ging, nicht mehr wichtig schient. Gleichzeitig hatte man, wenn man durch die rote Foyertüre trat, das Gefühl in das Ambiente seiner Jugend zurückgeworfen zu sein. Zwei Aspekte trafen hier zusammen: Wüste und JugendwahnWarum Jugendwahn? Kreuz und quer hängen Poster, Aquarelle, Bleistiftzeichnung, einzelne expressive Sätze. Nadja Marcin hatte diese Arbeiten zwischen ihrem 14. Lebensjahr und 2006 entworfen. Teilweise besaßen sie nur - „in Anführungsstrichen“ nur  - einen ideellen Wert, teilweise einen  reichen künstlerischen Wert. Vor fünfzig Jahren hatte die Bravo ihre erste Zeitung herausgebracht und der Jugend mit Starschnitten und Poster der Popstars die Zimmer gefüllt. In dieser unreflektierten Bilderflut an den Wänden träumte, lebte so mancher seine Träume, vielleicht gar vom Popstardasein. Doch auch wenn man im Rückblick die Jugendzeit oft belächelt, so hat sich diese doch weit in unsere Erwachsenwelt vorgeschoben. Jugendlich zu sein, ist kein Schimpfwort, sondern eine Hoffnung, die dem Erwachsensein entgegensteht. Überall Jugendwahn: Menschen lassen sich jung operieren, kleiden sich wie ihre Kinder, laufen mit den vierzehnjährigen zu jung gebliebenen Popstars. Warum fällt der  Abschied von der Jugend so schwer? Nadja Marcin stellte mit der Jugendzimmerhängung im vorderen Foyerteil genau diese Fragen. Warum hängt man so an seiner Jugend? Warum wollen wir noch nicht unseren Platz einnehmen? Warum noch keine endgültige Entscheidung treffen, wie das Leben verlaufen soll? Dennoch lässt sich die Zeit nicht zurückschrauben. Als „Erwachsener“ wird man kritischer, muss mehr Verantwortung tragen, kann nicht mehr so einfach alles unreflektiert annehmen  - die Worte zwischen den Bildern wiesen darauf hin. Schlug Nadja Marcin dort eine Brücke? Eine Brücke der Zerstörung? Der Bauschutt vor dem großen Fenster im kleinen Foyer stand scheinbar für Zerstörung, wieder auch für eine Wüste? Vielleicht sogar für den Verlust der Jugend, für zerstörte Träume? Nadja Marcin stellte in dieser Ausstellung viele Fragen, und sie war klug genug, die Antworten uns nicht vorzusetzen, sondern selbst suchen zu lassen. Wie passt das zusammen: dieser Jugendwahn, den man überall in der Gesellschaft beobachten kann und gleichzeitig dieser Wunsch des einzelnen nach einer Art Perfektion, die täglich von Medien als Leitbild, als Ziel und Wert vorgegaukelt wird. Die aber doch eine Welt erschaffen würde, in der  man sich nicht wohl fühlt.Oder würde sich nur Nadja Marcin in dieser Welt nicht wohl fühlen? In ihrem Film „Mission Troja X“, der im vorderen Foyerbereich gezeigt wurde, spielen Laienschauspieler. Ort der Handlung  ist wieder eine Wüste. Die Akteure sind auf der Suche nach etwas, es kommt zu Mord und Todschlag. Sie stehen wieder auf. Suchen weiter. Wir wissen nicht, was sie suchen. Vielleicht auch wieder ein Zeichen auf von tief verwurzelten Identitätskrisen?Nein, Nadja hatte für sich hinter einem kleinen Jägerzaun ein emotionales Nest gebaut. Geschützt durch Stacheldraht konnte sie dort ihre Gefühle ausleben, musste nicht perfekt sein und nicht jugendlich frisch. Hier konnte sie einfach sie selber sein: ein Ort der Muße, eine Tür, die man hinter schließen konnte, wo sie alleine sein konnte, schreien, weinen, klagen, wo sie niemand hörte. Ein Ort wie draußen in der Wüste, wo man auf sich selber zurückgeworfen wird. 

Andreas Weber






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