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Maria Gamper

Neueröffnung

Austellungsdauer: 05.03. - 11.04.2004

Was bietet sie uns, die Neueröffnung? – Einen frisch verlegten Teppichboden in strahlendem Gelb, der den Raumcharakter von Grund auf verändert. Ebenso die knallgelb leuchtenden Glühbirnen, die sich von den übrigen Lampen abheben. Beides lenkt die Aufmerksamkeit auf die grundlegende Neu- und Andersheit des Raumcharakters. Außerdem ist, wohin man auch schaut, allerorts das inspirierende Wort „Neueröffnung“ zu entziffern, unübersehbar prangt es in knallrot an allen Fenstern. – Mit einfachen und wenigen Mitteln installiert Maria Gamper einen neuen Raum, macht sich die Leere des Foyers zu Nutze, um von der positiveren Medaillenseite aus auf den Ladenleerstand zurück- oder auch vorzuverweisen. Oder sogar auf unser direktes Nebenan, denn auch das cuba ist vom Ladenleerstand betroffen.
Es ist als öffentliches Thema nahezu aller Kommunen ein sichtbares Zeichen für die ökonomische Stagnation bzw. den Rückgang, der mit einem Gemisch von Zukunftssorge und Ratlosigkeit zur Kenntnis genommen wird. Eine Frage, mit der sich viele Menschen beschäftigen, lautet: Wie wird es weitergehen?
Nun ist aber nicht so sehr der drohende bzw. bereits vorhandene Leerstand die Botschaft, die Maria Gamper mitteilen will – der Schwerpunkt liegt vielmehr darauf, was ein Leerstand für Möglichkeiten bietet bzw. zunächst einmal die Tatsache, dass er generell die Möglichkeit, den Raum für Neues bietet. – Was kann das sein? Alles. Oder auch nichts. Es geht um die Chance, die es zu ergreifen gilt – mit all den Schwierigkeiten z. B. der Etablierung eines Ladens und mit den Ängsten, z. B. dass eben diese Etablierung ausbleibt. Man hat die Wahl, die Möglichkeit, den Raum zu nutzen oder es zu lassen und sich weiterhin mit der Leere, dem Leerstand – auch dem persönlichen möglicherweise – konfrontiert zu sehen. Nicht nur im ökonomischen Bereich werden also Nutzungsmöglichkeiten diskutiert und ausprobiert.

Für eine Neueröffnung hat sich Maria Gamper entschieden. Ihre Arbeit lässt den Besucher nicht nur einer vergleichsweise normalen Eröffnung einer Foyerausstellung beiwohnen oder dem späteren Besucher das Wissen darüber, dass eine solche stattgefunden hat, sondern macht ihn zum aktiven Teilnehmer einer potenzierten, umfassenden Neueröffnung: Der Besucher, die Besucherin ist selbst eine Art performatives Ausstellungselement‘ und somit aufgefordert, sich in der Situation dieses Neubeginns zurechtzufinden, sich mit ihr auseinanderzusetzen.
Um was für eine Neueröffnung handelt es sich überhaupt? – Um eine geschäftliche, so assoziiert das Schaufenster, so assoziieren die aus anderen Ladeneröffnungen bekannten Letter an den Fenstern. Aber auch bei dem Versuch, dahinter zu kommen, um welchen Typus, um was für einen Laden es sich handeln könnte, lässt sich keine Definition ausmachen. Was kann es also sein? Immer noch: Alles. Oder auch nichts? Die Gedanken und Vorstellungen des Betrachters, seine Rolle als Ausstellungselement machen mehr aus diesem Anstoß. Eigenen Ideen sind gefragt, vielleicht auch der eigene Neubeginn persönlicher Art, persönliche Neueröffnungen‘, könnte man sagen.
Neueröffnung bedeutet den Start einer größeren oder kleineren Etappe, einen Anfang im Leben eines jeden Menschen. Eine Etappe, von der man nicht wissen kann, wie sie verlaufen wird. Der Beginn einer solchen Etappe bedeutet auch das Aufgeben von vorherigen, bekannten, mehr oder weniger glücklichen Situationen. Wagemut also, Hoffnungen und Erwartungen sind damit verknüpft.
Der Besucher ist bei einem solchen Etappenbeginn dabei. Er befindet sich im Jetzt der Neueröffnung. Nicht nur am Spiel mit dem Raum nimmt der Betrachter also teil, sondern auch am Spiel mit den Zeiten: Neben dem Jetzt schwingen sowohl vergangene Zeiten als auch Zukünftig-Unerwartetes oder Erwartetes mit. Erinnerungen an ein florierendes Geschäftsleben oder auch an persönliche Erfolge tauchen vielleicht auf. Möglicherweise gab es an dieser Stelle schon einmal eine mit Optimismus und Hoffnung auf die Zukunft behaftete Neueröffnung? Die Wiederholung des Beginns verweist auf den Kreislauf des Neuen, das zu Vergangenheit wird, und den der Vergänglichkeit, aus der immer wieder Neues erwächst. So oder so. Der Kreislauf, der sich in allem Möglichem wiederfindet und spiegelt – im Kleinen wie im Großen – und z. B. eben auch in einer Ladenneueröffnung. Egal, wie es ausgeht, der Kreis läuft weiter.

Hille Schwarze





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