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Stephan Us

ZERO - "... nicht Bilder..."

Austellungsdauer: 10.10. -2.11.2003





Die Ausstellung ZERO – „...nicht Bilder...“ fand im Rahmen eines größeren Projekts von Stephan Us statt, der im Jahr 2001 damit begann, sich dem Phänomen des Nichts zu widmen. Er nähert sich dem Nichts im künstlerischen Raum und aus künstlerischer Perspektive, erkundet es. Eine Art künstlerische Forschungsarbeit also, die als Ganzes mit ZERO überschrieben ist. Das Projekt umfasste bisher verschiedene Performances, Installationen und agierte Bilder. Dass somit in diesem Projekt genreübergreifend gearbeitet wird, hob nicht nur die Ausstellung in der Reihe Ausblicke hervor, sondern auch all die verschiedenen künstlerischen Richtungen, aus denen die insgesamt elf an ihr beteiligten Künstler und Künstlerinnen kommen: Musik, Malerei, Performance, Tanz, Klangkunst, Bildhauerei, Installation.

Aus den Gesichtern des das Foyer betretenden Publikums sprach Verblüffung: „Wo ist denn hier eine Ausstellung? Man sieht ja überhaupt nichts! Nichts außer den kahlen, nackten, weißen Wänden.“ – Weiter konnte man in den Gesichtern lesen: „Doch halt, da ist doch etwas! Da ist ein Schild, und da noch eines!“ – So wurde das vermeintliche Nichts in eine Richtung gelenkt, nämlich in die Richtung der kleinen Schilder, die man an den Wänden bemerkte. Und schon war da nicht nichts, sondern eine Menge mehr: sowohl Werktitel als auch Künstlername. Was verbarg sich hinter diesem oder jenem Titel – „klavierschaukel“ zum Beispiel oder „Hirntöne“? Eigene Bilder, Klänge, Vorstellungen tauchten auf. Nichts ist offensichtlich nicht nichts.– Waren die Sinne erst einmal geschärft für das angebliche Nichts, bemerkte man auch, wie die Schilder im Raum des gesamten Foyers installiert waren. Wieviel Raum nahm das Nicht-Bild „Goliath“ ein? Es verwunderte nicht, dass es raumgreifende Dimensionen besaß. Sicherlich nicht umsonst befand sich das Nicht-Bild „Korridor“ in einem Durchgang, in dem Dunkel und räumliche Dichte herrschen. Es ging also auch um energetische Räume dieser Nicht-Bilder, die aufeinander trafen. – Dies alles trug dazu bei, eigene Fantasien und Visionen in Gang zu setzen und sich ganz persönliche Ausblicke aus dem so genannten Nichts zu verschaffen. Der Betrachter wurde zum kreativen Teilnehmer der Ausstellung, der selbst als interaktiver Bestandteil in sie integriert war.

Ein Bild kann – einmal plastisch ausgedrückt – ein röhrender Hirsch in Öl in goldenem Rahmen sein oder auch eine erzählte Geschichte, eine ausgeführte Handlung oder ein Klangbild. Doch vor dem Bild steht das Nicht-Bild, der Gedanke, die Emotion, der Impuls ohne Ausdruck. Findet das Nicht-Bild einen künstlerischen Ausdruck, wird es zum Bild, wenn nicht, bleibt dieses unrealisierte Bild irgendwo im Archiv des Künstlers liegen. Aus den ver-schiedensten Gründen werden diese künst-lerischen Visionen und Ideen nicht rea-lisiert – entweder noch nicht oder sogar niemals. Vielleicht weil die äußeren Bedingungen noch nicht stim-men, vielleicht weil das Bild moralische Werte verletzen könnte, vielleicht weil es so einfach ist, dass man es nicht zeigen mag. – Also, was steckte sich hinter dem Titel „Berührte Luft“ oder dem sprachlich schon doppeldeutigen Namen „Stille zeugen“ bzw. „stille Zeugen“? – Die Urheber der ausgestellten Nicht-Bilder waren genannt, zusätzlich auf ausliegenden Künstlerlisten samt Kontaktadressen aufgeführt. Eine eigens erstellte Gebrauchsanleitung zum Umgang mit den Nicht-Bildern fand das Publikum ebenfalls vor. Es bestand und besteht noch immer die Möglichkeit, im persönlichen Austausch mehr über die künstlerische Arbeit als Prozess, über die Geschichten der Nicht-Bilder in Erfahrung zu bringen und die eigenen zu äußern. Erkundungen über dieses frei schwebende Potenzial, das Nichts, waren erwünscht!


Hille Schwarze





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