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Till Nachtmann

"Hotel Welcomly"

Austellungsdauer: 8.5. -1.6.2003



Und die Räder stehen nicht still... – dieser Gedanke stellte sich ein, wenn der Besucher von Till Nachtmanns Ausstellung Hotel Welcomely den Kopf in den Nacken legte, um mehrere rotierende, recht fragil wirkende Ringe zu betrachten, die – bestückt mit beschriebenen Papieren – in unter-schiedlichen Höhenniveaus von der Decke herabhingen. Oder: Der Straßenpassant blieb vor einem direkt an der Fensterfront platzierten Monitor stehen, um sich in den Anblick eines fragmentarisch durchlaufenden Textes vor dem Hintergrundmotiv eines verlassenen und öden Strandes zu versenken.

Der Ausstellungsbesucher wurde zum Mitproduzenten. Via eigene Imagination und in diesem Sinne Produktion einer Bedeutung schuf er sich zu der Installation einen eigenen Zugang. Er hielt sich sozusagen selbst „im Land der kleinen Zeichen“ auf, denn er sah Zeichen als Buchstaben, Textfragmente, also Medien, deren Bedeutung er nicht eindeutig zu entschlüsseln vermochte. Verwirrung, Ratlosigkeit, Neugierde: Welche Bedeutungen besitzen sie, die Zeichen, die Medien? Eindeutig sind sie keinesfalls.

Medien waren das Schlagwort dieser Ausstellung, Medien als vermittelnde und gleichsam trennende Instanzen. Medien, die der Verständigung dienen sollen und doch oft Missverständnisse und Rätselhaft-Undurchschaubares hinterlassen: Zeichen, Buchstaben, Worte scheinen sich als bedeutungsvermittelnde Elemente, als äußere Abbilder des Inneren, nicht zu eignen. Sie verstehen es, sich einer verständlichen Bedeutung stets zu entziehen – ebenso wie es die Textfragmente an den vorüberziehenden Rädern an der Decke bzw. auf dem Monitor taten. Weder Buchstaben, Worte, Texte also funktionierten in ihrer Aufgabe als Medium zur Verständigung. Übrig blieben Missverständnisse, Zweideutigkeiten, Verständnislosigkeit. Im Rahmen der formal umgesetzten Installation erweiterten Fernseher, der Weg über die Kamera das Thema Medien, das äußere Abbild dessen, was innen produziert wurde, das aber via Medien Fernseher und Kamera nur Bruchstücke vermittelte.

Ist da glas halbvoll oder halbleer? – Zwei Ausblicke auf (Nicht-)Verständigung im Großen wie im Kleinen standen nebeneinander: Neben der Vision von Fremdheit und Unverbundenheit, einer Unsicherheit durch mediale Missverständnisse, weil Zeichen als Medien einer 1-zu-1-Übertragung nicht funktionieren, realisierte sich aber in einem anderen, bruchstückhaften Verhältnis durchaus eine Vermittlung. Und Mitproduzenten sorgen sicherlich für fantasievolle Bedeutungen.

Dem zwiespältigen Feld der Medien als Kommunikationsmittel begegnen wir tagtäglich und wissen um dessen Aspekte. Till Nachtmann griff es auf und setzte die häufig verschwiegene, vielleicht gern übersehene Seite der Kommunikation in seiner Arbeit auf poetische Weise um: Die Fremdheit und die Verlassenheit, die sich bei aller möglichen Verständigung, dennoch und zugleich auftut.

Und die Räder des (Nicht-)Verstehens stehen nicht still...?

Hille Schwarze





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