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Susanne von Bülow und Burkhard Saur

"One has seen horses puke in front of the pharmacl"

Ausstellungsdauer: 18. 10 - 3. 11.2002

 


In der Ausstellungsreihe Begegnungen treffen Susanne von Bülow und Burkhard Saur aufeinander. Daß man bei diesem Meeting hat Pferde vor der Apotheke kotzen sehen, behauptet der wörtlich übertragene Germanismus, in dem ein deutsches Sprichwort für einen Ausstellungstitel buchstäblich anglo-amerikanisiert wurde. Die buchstabengetreue und seltsame Sinnlichkeit dieses Bildes läßt sich niemals unbeschadet über den Atlantik in einen anderen Kulturkreis und einen anderen Sprachraum verständlich übertragen. Das Unverstandene und Unverständliche selbst wirft Fragen auf, die zu beantworten, Begegnungen sinnvoll machen.

Susanne von Bülow zeichnet und bezeichnet das Banale und Alltägliche der Umgebung. Sie beseelt mit ihrem Strich die Dinge und läßt einen Blick auf das zu, was man zu übersehen gewöhnt ist. Die allmorgentliche Verwendung einer Teekanne zum Ausschütten des heißen Getränkes, verstellt den Blick auf die Form und Formgebung dieses Gefässes. Der den Nutzen ignorierende Umgang mit dem Gesehenen erlaubt es, sich über das ZUSEHENDE hinwegzusetzten und gibt einen Strich frei, der beseelend wirkt.

Sie erarbeitet sich in hunderten flüchtig entstanden Skizzen, die an allen nur möglichen und erdenklichen Situationen entstanden, Annäherungen an Situationen, Personen und Gegenständen, die uns fremd, flüchtig und vertraut zugleich erscheinen sollen.

Die periphäre Aufwertung des Beiläufigen selbst führt in diesem Fall zu einem weit angelegtem Rahmenprogramm, wobei ein jeder Rahmen den Inhalt vor Vergessenheit zu schützen vermag.

Unter der Verwendung der gleichen geübten Bülow´schen Flüchtigkeit, verstellen Transparente den Blick nach draussen. Damit wird der Schaufensterort cuba des Nachts in einen Leuchtkasten verwandelt, der den Zeichenstrich der Susanne von Bülow überdimensional vergrößert und detaiiert sichtbar macht.

Burkhard Saur schöpft aus einem großem Photoarchiv seiner vielen (Rad)reisen durch die Welt. Die konservierte Vergangenheit wird durch seine comicähnlichen Überzeichnungen angereichert. Der unzufällig photographierte Ausschnitt wird in gesteigerter Absichtshaftigkeit überzeichnet. Dabei wird das digitalisierte Bild mit analogem Strich überarbeitet. Die sichtbare und konservierte sowie bereits vergangene Wirklichkeit wird von einer zeichenhaften, comicartigen Phantastik berührt und damit aktualisiert. Diese Berührungen uneinholbarer Bilder gelebter und verreister Reisen mit dem Strich und den Farben aus der Tube aktueller Erinnerungsgegenwart führt zu den Bildern, die uns immer auch daran erinnern, dass Erinnerung (psycho)logischer- und notwendigerweise immer auch bedeutet, das zu vergessende zu bestimmern.

Besucher vor den Arbeiten von Burkhard Saur  


In die Vergangenheit das neu-zu-erinnernde ästhetisierend einzufügen, beschreibt damit nur einen Teil des Jobs dem Burkhard Saur mit seinen Bildern nachgeht. Wenn wie bei Reading in Warendorf sich eine Frau lesend in den Vordergrund der damals zu erinnernden Erinnerungspotenz des Photos schiebt, beginnt ein ästhetisches Spiel aus der An- und Abwesenheit einer potentiel projezierten Weiblichkeit, die man vielleicht gerade in Warendorf vergeblich suchen wird.

Die Begegnung dieser beiden Positionen zeitgenössischer Zeichnung geht dabei auch von den größtmöglichen Unterschieden des handwerklichen Umgangs aus.
Der analoge Strich begegnet der digitalen Korrektur,
schwarz-weiß trifft auf bunt,
die Einzelstückhaftigkeit des Originals steht neben eines Prints, der in sich die Potenz einer Massenware trägt.

Daß damit auch ein fundamental kontinentaler Unterschied beschrieben werden soll, wäre falsch, denn ist Burkhard Saur in Bielefeld geboren und erst seit einigen Jahren in Colorado ansässig. Und hier treffen auch die beiden Positionen wieder aufeinander, wenn man bei den Schwierigkeiten untransportaler Sprichwörtlichkeiten, anfängt miteinander zu disskutieren oder Bilder aufzuhängen.....

Bernd Luthat




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